PROF. DR. rer. nat. DR. h.c. mult. WOLFGANG WAHLSTER ist Vorsitzender des Präsidiums und Initiator des AI Grid, Professor für Informatik und CEA des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI)
Engagierte Fachkräfte mit einer Passion für KI
Wir brauchen in Deutschland erheblich mehr Fachkräfte in Künstlicher Intelligenz. Das ist schon ein Trend seit einigen Jahren, aber die Situation spitzt sich im Moment durch den Boom der KI zu. Der IT-Fachkräftemangel besteht in über 100.000 Stellen, die nicht besetzt werden können. Daher müssen wir alle Talente in der ganzen Breite aktivieren und nicht nur in der Spitzenforschung. Unser klares Ziel ist: Mehr Personen in kürzerer Zeit für die vielfältigen Aufgaben in der KI qualifizieren.
Talente für Forschung und Industrie – Interdisziplinarität ist gefragt
Mit dem AI Grid wollen wir möglichst viele Talente aktivieren und eine neue Generation von Forschenden und KI-Entwicklern ausbilden, die aber dann nicht nur an den Hochschulen lehren oder forschen, sondern auch in der Industrie und allen anderen relevanten Wirtschaftszweigen KI-Technologien in die Praxis umsetzen. KI lebt von der Interdisziplinarität und Domänenwissen in den vielfältigen Anwendungsbereichen. Natürlich basiert der Erfolg zum größten Teil auf Informatik. Aber wenn man auf einem Gebiet der Anwendung Erfolg haben möchte, muss man z.B. auch die Sprache der Medizin, der Landwirtschaft oder der Energiewirtschaft beherrschen. Man muss bereit sein, sich auch in Themen außerhalb der Kerninformatik und der KI einzuarbeiten, um dort KI-Methoden erfolgreich anzuwenden. Das klappt aber im AI Grid sehr gut. Ich war begeistert von unseren jetzigen Mitgliedern – alle haben diese Mentalität mitgebracht.
Mentoring renommierter Professor:innen für optimale Leistung
Gleichzeitig wollen wir jedes Mitglied des AI Grid zu seinem Leistungsoptimum führen. Dazu haben wir im AI Grid ein Mentor:innenprogramm etabliert, das Studierenden eine zusätzliche Unterstützung gibt. Dies sind renommierte Professoren und Professorinnen, die zu der offiziellen Betreuung durch einen Doktorvater oder eine Doktormutter hinzukommen. Sie können unseren Mitgliedern Tipps geben, indem sie bei konkreten Fragestellungen in ihrem Spezialgebiet helfen, Literaturvorschläge machen, auf wichtige Konferenzen hinweisen und in ihr fachliches Netzwerk einführen. Das geht über die normale Betreuung an den Unis hinaus. Diese ersetzen wir selbstverständlich nicht, sondern bieten mit dem AI Grid zusätzliche Unterstützung an.
AI Grid füllt eine Lücke: KI auf qualitätsgeprüftem Niveau
Bisher fehlte in Deutschland ein offenes Netzwerk speziell für Talente in Künstlicher Intelligenz, das Masterand:innen und Doktorand:innen unterstützt. Wir im AI Grid fokussieren nun auf KI auf einem qualitätsgeprüftem Niveau. Um viele Menschen auf unsere Plattform zu bringen, nutze ich meine eigenen gewachsenen fachlichen Netzwerke. Ich war Präsident des Weltverbandes für KI (IJCAII), des europäischen (EurAI) wie auch des deutschen Verbands (GI-FB KI). Ich kenne die Akteure, da ich seit nunmehr 45 Jahren im internationalen KI-Wissenschaftsbetrieb tätig bin. Die Vision zum AI Grid entstand zusammen mit dem BMBF – dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Alles begann mit einer Idee von Frau Ute Bernhardt, der Leiterin des Referats Künstliche Intelligenz im BMBF, die ich aufgegriffen, konkretisiert und mit unserem AI Grid Team unter Leitung von Frau Poirson sowie finanzieller Förderung des BMBF umgesetzt habe.
KI erfordert einen sehr hohen persönlichen Einsatz
Bis 2025 wollen wir rund 250 Personen im AI Grid gefördert haben. Wir wollen einen wesentlichen Beitrag leisten, um Deutschland im Bereich KI so zu etablieren, dass wir genügend engagierte Talente für diese Arbeit gewinnen. Die Künstliche Intelligenz ist inhaltlich wie auch zeitlich sehr herausfordernd. Man muss mit Passion dabei sein und viel Zeit für das Lernen und Arbeiten in der KI investieren. Wir haben bis jetzt gute Erfahrungen gemacht; unsere Mitglieder sind durchweg sehr engagiert. Und das brauchen wir in Deutschland, um unsere Stärken in der KI weiter zu stärken. Denn wir spielen in der Künstlichen Intelligenz in der Champions League und Europa spielt weltweit in der KI-Grundlagenforschung eine führende Rolle. Die Presse stellt das oft falsch dar, wenn sie von China und den USA als absolut führend spricht. Schaut man sich die harten Fakten an, so stehen wir auf vielen wichtigen Gebieten wie der industriellen KI gut da.
Mittelstand und Industrie 4.0 – Starker KI Standort Deutschland
Deutschland ist Produktionsstandort, unser Wirtschaftsmotor ist die Industrie und damit die industrielle KI. Neben großen Unternehmen ist vor allem der Mittelstand das Rückgrat der Wirtschaft in Deutschland. Diese Unternehmen müssen wir in der Digitalisierungswelle durch KI weiter nach Vorne bringen.
Wir haben in Deutschland das Konzept Industrie 4.0 entwickelt. Diesen Begriff habe ich mit den Kollegen Kagermann und Lukas ab 2010 geprägt und er hat sich weltweit durchgesetzt, in den USA, genauso wie in China und Korea. Industrie 4.0 ist ohne KI nicht erreichbar. Wir brauchen kognitive Roboter, die mit dem Menschen Hand in Hand zusammenarbeiten
können. Wir brauchen digitale Zwillinge, also virtuelle Abbilder von Geräten und Prozessen in der Fabrik. Wir brauchen intuitive Mensch-Maschine-Schnittstellen, um den Werkern die notwendige Assistenz in wandelbaren Fabriken zu bieten. All das ist industrielle KI und dort sind wir führend. Deutschland ist das Mekka für Koreaner, Chinesen, Japaner und Amerikaner, die sich Industrie 4.0 hier anschauen und versuchen, für ihre Zwecke zu adaptieren. Das AI Grid war von Anfang an als bottom-up Organisation geplant und wir lassen den Studierenden jede Freiheit. Aber sie sollten z.B. in der industriellen KI darauf achten, wo sie in Deutschland eine Chance haben. Im AI Grid unterstützen wir sie dabei.
Karrieresprungbrett AI Grid: ICSI/USA und NII/Japan
Ich war gerade in den USA und Japan und habe dafür gesorgt, dass das AI Grid mit dem International Computer Science Institute (ICSI) in Berkeley, an einer Spitzenuniversität für KI, einen Austausch aufbaut. Nun können unsere AI Grid Mitglieder sich nach Abschluss der Promotion für ein Stipendium des DAAD im IFI-Programm des BMBF bewerben, um dort einen Auslandsaufenthalt zu absolvieren. Das gleiche gilt für Japan mit dem National Institute for Informatics (NII) in Tokio. Das sind natürlich hervorragende Karrieresprungbretter.